Santos-Dumont Demoiselle 1908von Frank Barkhofen (1:48 AJP Maquette)
Auch wenn der Bau einige Jahre zurückliegt, möchte ich hier ein außergewöhnliches Modell zeigen - außergewöhnlich, weil an diesem Modell nahezu kein Polystyrol vorkommt. Durch mein Interesse an den Stripdown Modellen aus Ätzteilen habe ich mich nach dem Erwerb der kompletten Eduard-Serie nach weiteren Modellen umgesehen und bin dabei in meinem bevorzugten Maßstab 1:48 auf den französischen Hersteller AJP gestoßen. Dieser führt eine wunderbare Reihe an bekannten Flugzeugen der Pionierzeit, allerdings sind die Ausmaße einiger Modelle zu groß für meinen begrenzten Platz. Die nette kleine Sportmaschine Santos-Dumont Demoiselle von 1908 war im Rahmen des Möglichen und hat mich schon sehr gereizt! Der Bausatz enthält neben mehreren geätzten Messingplatinen Weißmetallteile, z.B. die Luftschraube in, nennen wir es mal höflich, Short-Run Qualität. Bespannpapier, Klavierdrähte und eine Anleitung mit Skizzen in fränzösicher Sprache sind auch enthalten. Bei anderen AJP-Modellen habe ich auch schon französisch/englische Anleitungen gesehen.
Das Original des Konstrukteurs Alberto Santos-Dumont gilt als eines der ersten in Kleinserie produzierten Sportflugzeuge weltweit. Für weitere Informationen verweise ich auf einen Wikipedia Artikel. Dabei half mir ein hochauflösendes Bild aus Wikipedia besonders, das mir als Vorlage viele Anregungen für den Bau liefern konnte. Die Klavierdrähte waren von den Materialeigenschaften her eine echte Entdeckung, viel stabiler als z.B. Messing in dieser Größe. Diese Drähte stellen die Längsträger, die im Original aus Bambus waren, dar und tragen das Modell. Die Struktur der Bambusstäbe simulierte ich mittels dünner Kupferdrähte und Farbe. Leider war das Messing der Ätzteile dieses Bausatzes aus einer Legierung, die sich nur schwer löten lässt. So hatte ich dann Schwierigkeiten, aus den Ätzteilen den Motor zu bauen. Da es auch einige offensichtliche Unterschiede zwischen dem Modellmotor und meiner gewählten Vorlage gab (jede Maschine war anders, mit anderen Antrieben etc) habe ich die Drehbank angeworfen und von Scratch einen neuen Motor kreiert. Die Zylinder sind aus Messing, das Kurbelgehäuse aus Alu, Bolzen aus Messing, geglühte Neusilberrohre als Auspuffrohre, Ansaugrohre aus Kupfer, Spannbänder - ein fröhlicher Materialmix. Statt mühsam zähe Ätzteile zu Kegeln und Zylindern zu biegen und zu verlöten habe ich auch gleich einen neuen Tank samt Tankdeckeln gedreht und aus Gewichtsgründen hohlgebohrt.
Aufgrund der Fehlstellen im Metallgusspropeller und der tollen Vorlage traute ich mich, meinen ersten Holzpropeller aus Furnier zu schleifen - das Resultat überzeugte mich, diese Technik für die folgenden Projekte beizubehalten bzw. weiter zu verfeinern. Tragflächen und Leitwerke sind mit dem beiliegenden dünnen Papier bespannt. Die Bögen reichen auch für fehlgeschlagene Versuche - zum Glück, denn das ist mir auf Anhieb nicht gelungen. Die Anleitung empfiehlt ein komplettes Einstreichen mit einem Klebestift, aber wenn sich dann beide Seiten berühren (die geätzte Struktur ist sehr dünn), sieht das nicht schön aus. Damit kein Messing durchschimmert, habe ich die Ätzteile vorher holzfarben lackiert. Mit Nitrolack als Spannlack zieht sich das Papier schön glatt, es bleibt aber ein empfindliches Modell bezüglich Luftfeuchtigkeit! Unter den Tragflächen sitzen die Flächenkühler aus dem Bausatz, die ich mit dünnem Kupferdraht als "Rohre" and Motor und Wassertank angeschlossen habe. Spannschlösser im Rumpfgestell wurden mit Messingröhrchen simuliert, bei den Tragflächen habe ich die von Gaspatch benutzt, zusammen mit feiner Angelsehne. Den Bau habe ich ausführlich dokumentiert. Fazit
Ein herausfordernder Bausatz, dessen Bau aber wieder mal Spaß gemacht hat. Gerade durch die Eigenfertigungen Motor und Luftschraube hat das Modell an Ausstrahlung gewonnen und ist ein kleiner Hingucker in der Vitrine.
Frank Barkhofen Publiziert am 16. November 2019 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |