Eole (1890)von Jürgen Wagenknecht (1:72 Brifaut)
Die Eole des aus Toulouse stammenden Ingenieurs Clement Ader ist in der heutigen Zeit leider deutlich unbekannter, als ihr historisch zusteht. Clement Ader war bereits als Kind sehr interessiert am Fliegen und er studierte den Flug der Vögel und Fledermäuse. In seinem Garten hatte er eine Voliere, in der aus Indien importierte Fledermäuse gehalten wurden. Wie unschwer an der Eole zu erkennen ist, waren die Fledermäuse dann Vorbild für seine Konstruktion. Der Name Eole ist vom griechischen Gott des Windes Aelos abgeleitet. Die Flügelkonstruktion der Eole war der der Fledermäuse derart nachempfunden, dass die Flügel in der gleichen Art und Weise eingefaltet werden konnten, wie dies auch die Fledermäuse tun. Als Antriebsquelle diente eine von Ader selbst entworfene, mit Alkohol befeuerte Dampfmaschine, die 20 PS leistete und dabei nur ca. 50 kg wog. Bzgl. der Flugversuche von Clement Ader mit der Eole gibt es je nach Quelle etwas unterschiedliche Aussagen. In einem sind sich aber alle Quellen einig: Am 09. Oktober 1890 wurde auf dem Grundstück des Château d’Armainvilliers von Clement Ader ein erfolgreicher Flugversuch durchgeführt.
Die Eole rollte eine 200 m präparierte Startpiste lang und hob nach ca. 100 m ab und konnte einen Flug von ziemlich exakt 50 m durchführen, 13 Jahre vor den Gebrüdern Wright! Die Flughöhe soll ca. 20 - 30 cm betragen haben. Damit ist die Eole die erste Maschine schwerer als Luft, die aus eigener Kraft vom Boden abgehoben hat. Abweichend in den Quellen ist lediglich, ob schon vorher Flugversuche durchgeführt wurden oder ob es nach dem Versuch 1891 einen weiteren Versuch gab, bei dem dann auch das französische Militär anwesend war oder ob dieses bereits beim ersten Versuch zugegen war. Tatsache ist, dass das Militär einen Flugversuch gesehen hat und von dem Versuch dermaßen beeindruckt war, dass es Clement Ader für seine weiteren Entwicklungen mit nicht unerheblichen finanziellen Beiträgen unterstützte. Der Flugversuch am 09. Oktober endete nach den meisten Quellen in einer Bruchlandung, bei der die Eole stark beschädigt wurde. Die weitere Beteiligung des Militärs ist sicherlich auch mit verantwortlich für den eher geringen Bekanntheitsgrad der Eole.
In vielen Quellen wird der erfolgreiche Versuch als völlig unkontrollierter Sprung herabgewürdigt. Dabei besaß die Eole ein Steuerungssystem. Durch Verwindung der Flügel und einer seitenruderartig nach hinten gezogenen, stoffbespannten Rumpfsektion sollte sie gesteuert werden. Allerdings war die Handhabung recht kompliziert. So gab es sechs Steuerhebel zzgl. der Antriebssteuerung und den Fußpedalen, was die Steuerung erheblich komplizierte. Mit der Finanzierung durch das Militär machte sich Clement Ader an den Bau eines Nachfolgers, der Avion II, die er unvollendet zu Gunsten der Avion III, einer zweimotorigen Konstruktion, aufgab. Die Avion III zeigte bei Flugversuchen 1897 aber keine verbesserten Leistungen, so dass das Militär seine Unterstützung zurück zog. Das Wort Avion ist heute im Französischen das Wort für Flugzeug und die Avion III existiert noch heute im Museum Musée des Arts et Métiers. Quellen:
Das Modell stammt von der französischen Firma Brifaut und wurde zum 75 jährigen Jubiläum der französischen Luftfahrtgeschichte herausgebracht, also 1965. Es wurde meines Wissens zwischen 1964 und 1966 produziert. Für das Jubiläum sollten eine ganze Reihe von Modellen herauskommen, aber neben der Eole wurden nur noch die Bleriot XI und die Antoinette VII herausgebracht. Nach meinen Informationen wurde durch eine Erkrankung des Firmeninhabers die Produktion frühzeitig eingestellt und so sind die anderen geplanten Modelle nie erschienen.
Die gesamte Reihe sollte nicht in 1:72, sondern leider in 1:70 herauskommen, und so ist auch die Eole im Maßstab 1:70. Da dieser Maßstab aber recht nah bei 1:72 liegt kann man das Modell aber problemlos in eine solche Sammlung aufnehmen, zumal es bei der Eole recht große Diskrepanzen in der Literatur gibt, wie groß sie wirklich war. So reichen Angaben über die Spannweite von 13,7 m bis 15,0 m und bei der Länge beträgt der Unterschied von Wikipedia Frankreich zu Wikipedia Großbritannien 1,9 m! Wenn man die 15 m als korrekte Spannweite annimmt, so geht das Modell auch problemlos als 1:72 durch. Bei der Eole waren ursprünglich immer zwei komplette Modelle in einer Packung. Das ist wohl auch der Grund, weshalb man sie überhaupt noch bekommen kann, denn meistens erhält man Packungen, in denen sich nur noch ein Modell befindet.
Der Bausatz besteht aus dunkelbraunem, fast schwarzem Kunststoff und ist als Gerippemodell ausgeführt. Zur Bespannung dient, zum Unterschied zu den Modellen von Renwall, kein Spannpapier, sondern Stoff. Dieser ist bei der Eole Blau und nur für ein Modell ausreichend. Neben der eigentlichen bebilderten Bauanleitung liegt noch eine schriftliche Bauanleitung bei sowie ein kurzer historischer Abriss über die Eole und die französische Fliegerei. Ebenfalls liegt noch eine aufgedruckte Form der Flügel als Schneidvorlage bei. Alle Texte sind in Französisch. In der bebilderten Bauanleitung sind zwar Teilenummern abgebildet, allerdings gibt es keine auf den Spritzgussästen, so dass diese keine Hilfe sind.
Die Eole ist recht ansprechend detailliert und verfügt über eine nachgebildete Dampfmaschine inkl. der vier Kessel und Schornstein, auch wenn man später davon kaum noch etwas sieht. Für die Hebel diente wohl die Patentzeichnung als Vorbild. Passstifte gibt es nicht, so dass die einzelnen Teile stumpf auf die Bodenplatte geklebt werden müssen. Beim Sitz sind die vorderen Füße als eine Platte zusammen gegossen. Diese habe ich ausgesägt, damit es einzelne Füße sind. Die Räder des Hauptfahrwerks sind leider falsch. Die Eole hatte vorne und hinten an jedem Rad sechs Speichen, die von vorne zu hinten um 30 Grad versetzt sind, so dass es aussieht, als wären es zwölf Speichen. Die beiliegenden Räder haben leider zehn Speichen, so dass ich die Räder neu gebaut habe. Als Rad dienten Ringe, die ich von einem alten Kugelschreiber geschnitten habe und die Speichen bestehen aus dünnen Plastiksheet Streifen.
Den beiliegenden Stoff habe ich zur Bespannung nicht verwendet, da er zum einen gewebt ist und somit maßstäblich betrachtet ein grober Kartoffelsack wäre, zum anderen auch durchscheinend ist, während der Stoff der original Eole nicht durchscheinend war. Es gibt zwar nicht viele Originalbilder der Eole, ich habe nur zwei gefunden und diese sind anscheinend nach der Bruchlandung in einem Schuppen aufgenommen worden. Bei einem Foto steht auch noch eine Tonne vor den Rädern, aber auf dem anderen kann man die Räder erkennen und man sieht die Stoffbeschaffenheit. Der linke Flügel scheint bis zur Knickstelle weitestgehend zerstört zu sein, der Propeller hat keine Blätter mehr.
Für den Rumpf verwendete ich übrig gebliebenes Spannpapier aus den Renwall-Bausätzen. Beim Flügel musste ich mir etwas anderes einfallen lassen, denn diese haben keinen äußeren Rahmen und der Kunststoff ist auch nach 50 Jahren überraschend weich. Um den Flügeln eine gewisse Stabilität zu geben wurden diese mit Laminierfolie bespannt, die vorher einmal durch das Laminiergerät gegangen ist. Dadurch bekommt man eine anpassungsfähige, aber doch stabile Folie. Zudem ist sie durchsichtig, was das Ankleben mit Sekundenkleber an die „Knochenstruktur“ der Flügel erleichtert. Bemalt wurde mit Revell Aqua Color mit Pinsel. Der passende Blauton wurde deutlich mit Weiß aufgehellt. Der Schriftzug Eole ist handgeschrieben mit einem weißen Gelstift. Diesen habe ich nur links aufgetragen. Dort war er auf jeden Fall vorhanden, wie ich den Fotos entnehmen konnte. Ob er auch rechts aufgebracht war, ist mir nicht bekannt. Für die Farbgebung des Propellers habe ich mich an Farbfotos der noch existierenden Avion III orientiert. Diese waren im Original aus Bambus mit Federn aufgebaut.
Um die Eole in meine Sammlung aufzunehmen habe ich einige Jahre nach dem Modell suchen müssen. Nicht umsonst wird das Modell im Netz manchmal, im Hinblick auf Verfügbarkeit und Farbgebung, die blaue Mauritius des Modellbaus genannt. Jetzt, 125 Jahre nach ihrem Erstflug und damit 125 Jahre Motorflug, hat sie ihren Ehrenplatz in meiner Vitrine bekommen. Weitere Bilder
Jürgen Wagenknecht Publiziert am 25. Juli 2015 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |