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Robinson R44

von Max Lorenz (1:72 KP)

Robinson R44

Zum Vorbild

Die Robinson R44 ist ein viersitziger, einmotoriger Helikopter mit Kolbenmotor des US-Unternehmens Robinson Helicopter Company, welcher seit 1993 gebaut wird. Der Hubschrauber bietet Platz für vier Personen und ist mit einem 6-Zylinder Boxermotor von Lycoming ausgestattet. Mit einem Basispreis von rund 500.000$ ist er verhältnismäßig preiswert in der Anschaffung und kostengünstig zu betreiben, allerdings auch vielseitig einsetzbar. Daher ist er weltweit im zivilen und militärischen Bereich zu finden.

So betrieb auch das Militär von Estland vier R44, welche sie 2002 von den USA geschenkt bekamen. Zwei davon (Gelbe 63 und 64) waren mit zusätzlichen aufblasbaren Schwimmern an den Kufen ausgestattet. Die anderen beiden (Gelbe 65 und 66) sind als Polizeivarianten ausgeliefert, wie sie auch teilweise in den USA fliegen. Als Sonderaussattung gibt es hier vor allem gewölbte Beobachtungsfenster vorn, einen Lautsprecher, Suchscheinwerfer, sowie ein FLIR-System mit Bedienpult im linken Cockpit. 2012 wurden diese zudem für die Nachtflugausbildung modifiziert. Schlussendlich wurde im Jahr 2020 angekündigt, die R44 auszumustern, wobei die letzte 2023 aus dem Dienst ausscheiden soll.

Robinson R44

Der R44 erschien ursprünglich als erster Bausatz des tschechischen Herstellers Stransky im Jahr 2020. Noch im gleichen Jahr wurde dieser auch in zwei Versionen (zivil und militärisch) von KP bzw. Kovozavody Prostejov vertrieben. Hierbei handelt es sich um einen modernen Short Run-Bausatz mit gut gestalteten versenkten Gravuren und nur wenig Fischhaut. Allerdings ist an nahezu allen Kleinteilen ein sichtbarer Formenversatz zu finden, welcher später beseitigt werden muss. Die Zahl der Spritzlinge gestaltet sich übersichtlich: Ein grauer Rahmen mit 36 Bauteilen, von denen aber nicht alle Verwendung finden sollen (zumindest nicht, wenn es nach der Bauanleitung geht) sowie ein Klarsichtrahmen mit fünf Bauteilen. Bei den Seitenfenstern gibt es leider einen Lupeneffekt, da die Außenseite immer gewölbt dargestellt ist und die Materialstärke dadurch stark zunimmt. Als Anmerkung dazu: Ein R44 besitzt in der Regel vier flache Seitenscheiben, gerade bei Varianten der Polizei oder des Militärs sind aber oft die vorderen Seitenscheiben als leicht gewölbte Beobachtungsfenster ausgelegt. Die hinteren Fenster sind aber meines Wissens immer flach. Die große Frontverglasung wurde schön dünn gestaltet, seitlich gibt es aber minimale Schlieren, welche aber nicht weiter auffallen (bei den Modellfotos wirkt alles viel schlimmer wie es eigentlich ist).

Robinson R44

Der mir vorliegende Bausatz lässt den Bau einer von vier militärischen Varianten der estnischen, dominikanischen und mexikanischen Armee zu, sowie einen Helikopter des polnischen Grenzschutzes. Das alles allerdings auch nur in der Grundausstattung einer „normalen“ R44. Markante Anbauteile, welche z.B. von der mir gebauten estnischen R44 benötigt werden, liegen zwar teilweise bei (FLIR-Kugel am vorderen Rumpf), werden aber in der Bauanleitung nicht erwähnt, oder sind erst gar nicht vorhanden (diverse Antennen und Bedienpult für das FLIR).

Der Decalbogen enthält bei genauerer Betrachtung leider auch nicht alle offensichtlichen Abziehbilder. So fehlen die auf dem Kartonbild so gut erkennbaren Markierungen auf den Kufen der dominikanischen R44, insgesamt sechs Stück! Außerdem fehlt zumindest bei der estnischen R44 die „Gelbe 66“ für die Rumpfunterseite. Dies fällt aber auch nur auf, wenn man sich entsprechende Originalbilder ansieht, da die Abbildungen auf der Kartonrückseite nur die Seitenansichten enthalten... Schade! Gerade wer die dominikanische Variante mit dem anspruchsvollen vierfarbigen Tarnmuster bauen möchte, ist hier aufgeschmissen.

Der Bausatz bietet an sich also eine gute Grundlage, eine entsprechende R44 zu bauen, wer aber etwas Wert auf Realitätsnähe legt, muss sich zwangsläufig mit dem genauen Vorbild beschäftigen.

Robinson R44

Der Bau

Eines vorweg: Um die „Gelbe 66“ halbwegs originalgetreu bauen zu können, ist sehr viel Zeit mit der Recherche von Vorbildfotos aufzubringen. Dass die beiden estnischen Versionen (Schwimmer- und FLIR-Variante) unterschiedlich ausgestattet sind und während der Einsatzzeit technisch weiterentwickelt wurden, erschwert zudem alles noch. So sind beim genauen Vorbild auf einigen Bildern bestimmte Antennen vorhanden, auf anderen wiederum nicht, oder die FLIR-Kugel ist mal weiß und mal schwarz… Das ist dann doch erstmal ziemlich verwirrend, aber zum Glück sind genügend Bilder im Internet vorhanden.

Der Bau beginnt wie so oft mit dem Cockpit, welches eigentlich keine großen Herausforderungen mit sich bringt. Anzumerken sind hier nur die gut gepolsterten zivilen Sitze, welche bei militärischen Nutzern aber keine Verwendung finden. Das fällt später aber auch nicht mehr so sehr auf - ganz im Gegensatz zu der fehlenden Bedienfläche für das FLIR-System. Diese wurde mit gezogenen und anschließend gebogenen Gussästen und sonstigen entsprechend bearbeiteten Plastikteilen so gut es ging selbst gebaut. Die laut Bauanleitung einzubauenden Fußpedale können auf dieser Seite im übrigen auch weggelassen werden.

Robinson R44

Beim Einkleben der Fenster kamen dann zum ersten mal Probleme auf. Diese haben keine Klebekanten, welche das Durchrutschen nach außen verhindern und so auch wenig Klebefläche bieten. Also muss später aufgepasst werden, dass sie nicht aus Versehen (z.B. beim Maskieren) wieder nach innen gedrückt werden. Also wurden die Fenster vor dem Einkleben maskiert. Zuvor war aber schon einiges an Anpassungsarbeiten nötig, da alle Fenster minimal zu groß für die Öffnungen waren. Im übrigen war das wohl die einzige Phase während des Baues, wo eine Passgenauigkeit gar nicht vorhanden war. Ansonsten ist der Kit durchaus mit Großserien-Bausätzen vergleichbar.

Robinson R44

Da der Motor später am Modell von unten einsehbar ist, ist dieser auch mit den nötigsten Teilen ausreichend wiedergegeben. Wenn hier alle Bauteile montiert sind, soll dieser rückseitig an die Kabine montiert werden. Hier empfiehlt es sich, diese Baueinheit während der Trocknungsphase am besten in die linke Rumpfhälfte anzupassen bzw. einzukleben, um spätere Passprobleme beim Zusammenfügen der Rumpfhälften zu vermeiden. Für den Auspuff muss auch noch ein kleines Loch in die linke Rumpfzelle gebohrt werden, was aber kein Problem darstellt. Allerdings musste ich den Auspuff an der hinteren Stelle abtrennen, da ich zuerst alles wie in der Bauanleitung gefordert in die rechte Rumpfhälfte einklebte. So konnte die Gegenseite aber nicht mehr montiert werden.

Bei den Rumpfhälften fällt auf, dass die Kanten an den Klebeflächen etwas merkwürdig aussahen. Diese sind minimal nach oben gezogen (ähnlich wie leichte Fischhaut). Die Passgenauigkeit beim Zusammenkleben beeinträchtigt das nicht, muss danach aber abgeschliffen oder mit einem Messer glattgezogen werden. Anschließend wurde die Rumpfunterseite mit dem bereits angegossenen Landekufen montiert. Hier war im vorderen Bereich zum Rumpf das einzige mal etwas Spachtelarbeit nötig.

Robinson R44

Nun war die vordere Verglasung an der Reihe. Da ich bisher immer die Erfahrung gemacht habe, dass große Klarsichtteile, wenn auch nur im Zehntel-Millimeterbereich, immer etwas größer ausfallen, habe ich mich schon entsprechend auf viel Arbeit eingestellt. Die Passgenauigkeit war am Ende aber wirklich sehr überzeugend. Nur bei dem Bereich um das Oberlicht musste seitlich etwas Material entfernt werden, zudem gab es hier einen kleinen Höhenunterschied zum Rumpf, welcher etwas kaschiert werden musste.

Robinson R44

Robinson R44

Zu guter Letzt wurden die diversen Anbauteile wie FLIR-Sensor und die selbst gebauten Sachen wie Antennen (zum Teil aus zurechtgeschnittener Fischhaut anderer Gussrahmen, da diese sehr dünn ist), Suchscheinwerfer und Lautsprecher ergänzt. Entsprechende Halterungen dafür wurden aus dünnen Plastikteilen und Resten von Ätzteilen angefertigt. Da der bereits angegossene Heckrotorschutz nicht so gut ausgeformt war, wurde dieser abgetrennt und durch einen gezogenen Gussast ersetzt. Dieser muss laut Vorbildfotos noch am unteren Heckausleger befestigt und leicht nach links gebogen werden.

Die Scheinwerfer am vorderen Rumpf wurden bei der Bauanleitung leider komplett vernachlässigt. Also muss sich der Erbauer selbst etwas einfallen lassen. Entweder durch ähnlich große silberne Abziehbilder aus der Restekiste oder wie in meinem Fall durch Farbe. Ich habe zunächst ein paar kleine Vertiefungen gebohrt, der Rest erfolgte dann nach der Lackierung.

Robinson R44

Robinson R44

Die Lackierung

Diese ist recht unanspruchsvoll und erfolgte mit Farben von Revell. Nach der Grundierung wurde mit einem 1:1 Mix aus Nato-Oliv 46 und bronzegrün 65 lackiert. Nach kurzem Farbvergleich erwies sich das als bestes Ergebnis. Die Landekufen sind schwarz lackiert. Die Lackierung des Hauptrotors war dann schon etwas anspruchsvoller, da es keine Maße für die Breite der Flächen gab. Also habe ich diese auf der Bemalungsanleitung (Kartonrückseite) ausgemessen, entsprechend umgerechnet und auf den Rotor übertragen. Anschließend musste noch etwas vermittelt werden, da 2 mm übrig waren. Als kleine Hilfestellung hier die Maße von innen nach außen: 19 mm; 13 mm; 16,5 mm; 11,5 mm; 9 mm. Lackiert wurde hier mit Gelb 15 und Weiß, die Unterseite mit Schwarz und Gelb 15. Die kleinen Streifen am Heckrotor und dessen Schutz wurden freihand aufgebracht.

Robinson R44

Die Abziehbilder

Diese sind schon vom Druck her nicht die besten; eher körnig und leicht verdruckt. Da diese, wie oben schon erwähnt, nicht ganz vollständig sind, erklärte ich Herrn Muzikant von KP per Mail die Situation und bat um die Zusendung eines weiteren Bogens bzw. des entsprechenden Decals. Diesen habe ich nach etwas Wartezeit auch völlig kostenfrei erhalten. Vielen Dank dafür! Auch hier war der Bogen minimal verdruckt, so dass bei den Hoheitsabzeichen am Rand etwas weiß durchschien. Dies konnte aber einfach mit einem Messer entfernt werden. Zum Glück mussten sich die Decals nicht in Gravuren hineinlegen, da sie gegenüber Weichmacher ziemlich unempfindlich sind. Nach der Versiegelung mit mattem Klarlack wurden noch die Rotoren angebracht und die beiden Scheinwerfer mit CrystalClear von Microscale aufgefüllt, um einen Glaseffekt zu erreichen.

Nach 13,5 Stunden Bauzeit war die R44 dann auch fertig. Anfangs hatte ich aufgrund der überschaubaren Teilezahl mit weit weniger gerechnet, da war mir das Ausmaß der Eigenanfertigungen aber auch noch nicht ganz klar.

Robinson R44

Fazit

Die R44 ist insgesamt ein schöner kleiner Bausatz, welcher sich ganz gut bauen lässt und die Modellbauwelt auf jeden Fall bereichert. Da er von Grund auf wohl eher für zivile Varianten konstruiert wurde, bietet er für die militärischen Versionen lediglich eine gute Grundlage, aber je nach zu bauender Variante auch noch genügend Spielraum für Verbesserungen, welche dann von Seiten des Modellbauers erfolgen müssen.

Max Lorenz

Publiziert am 06. April 2023

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