Boeing MV-22 OspreyHigh-Tech Fluggerät der VMM-261 Raging Bullsvon Alexander Jost (1:48 HobbyBoss)Kurioses Fluggerät
Ein Bug mit putziger Stupsnase, die Kanzel sieht aus wie bei einem Heli, als Kontrast hinzu kommen diese mächtigen Tragflächen, an denen sich kippbare Motorgondeln mit riesigen Rotoren befinden, die entweder zum Schwebeflug nach oben, oder zum Vertikalflug nach vorne zeigen. Und das am Heck hochgezogene Doppelleitwerk mit darunter liegenden Laderaumtüren hat was von einem Transportflugzeug. In jedem Falle handelt es sich bei Boeings Osprey um ein kurioses Fluggerät! Der seit Ende der 1980er Jahre entwickelte und erstmals ab 2007 bei den US Marines eingeführte Osprey ist in der Lage, nahtlos innerhalb von nur zwölf Sekunden vom Vertikal- in den Horizontalflug überzugehen und dann mit einer maximalen Reisegeschwindigkeit von bis zu 565 Stundenkilometern in viereinhalb Kilometern Höhe zu fliegen. Nach der Landung kann das Flugzeug innerhalb von 90 Sekunden komplett in einen platzsparenden Parkmodus versetzt werden, indem die Rotoren in Segelstellung eingeklappt, die Triebwerkgondeln in die Vertikale und der Tragflügel über den Rumpf gedreht werden. Die Maschinen werden für die US-Luftwaffe (CV-22B), die Navy (CMV-22B) und die Marines (MV-22B) in unterschiedlichen Konfigurationen, teilweise bewaffnet und meist für den Material- oder Truppentransport, hergestellt. Die hier dargestellte No. 6732 gehört zur Marine Medium Tiltrotor Squadron (VMM) 261 "Raging Bulls", einer seit den 1950er Jahren bestehenden Transporteinheit der US Marines, die zuletzt bis zur Umrüstung auf den Osprey im Jahr 2007 mit dem Transporthubschrauber CH-46E Sea Knight ausgerüstet gewesen war und auf der Marine Corps Air Station (MCAS) New River, North Carolina, stationiert ist. Das ModellHobby Boss´ Bastel-Neuheit 81769 MV-22 Osprey in 1:48 wurde im Dezember 2020 herausgebracht und ist seit erstem Quartal 2021 auf dem europäischen Markt verfügbar. Die Bausatzteile passen wie angegossen, alles klickt förmlich zusammen. Der Kit bietet einige technische Darstellungsmöglichkeiten: bewegliche Motorgondeln, an- oder ausgeklappt darstellbare Rotorblätter, drehbare Tragfläche und geöffnet oder geschlossen positionierbare Laderaumtüren, die allesamt gut umgesetzt sind. Das sind schon Quantensprünge im Vergleich zum einzigen Konkurrenten auf dem Bastelmarkt, nämlich Italeris Osprey, dessen Bausatzformen aus den 1990er Jahren stammen. Und da die Proportionen des vorliegenden Kits zu stimmen scheinen (das tun sie nach meinem subjektiven Eindruck), dann hat HB hier in jedem Fall eine tolle Arbeit abgeliefert. Der Bausatz ist gut detailliert, aber gerade im Innenbereich ginge noch einiges. Wollte man alle hunderte Leitungen, Rohre und Kästen im Laderaum scratch darstellen, könnte man sich wochenlang damit beschäftigen. Ich verzichtete darauf und ließ den Laderaum verschlossen und unlackiert/undetailliert, weil man dort eh nicht ohne Weiteres hineinsehen kann. Trotz der bennannten Vorteile gibt es aber auch wie immer im Modellbau ein wenig Schatten:
Ein paar Modifikationen sollten es schon seinDer Bausatz hat einige feine Gussnähte, die von den Slidemoldings beim Gießen stammen und die als hauchdünne erhabene Linien auf den Oberflächen des Modells erscheinen. Sie sind kaum zu sehen, sollten aber doch etwas beigeschliffen werden. Nach dem Zusammenfügen der Rumpfhälften und Fahrwerkschächte entstehen dank der hervorragenden Passgenauigkeit des Bausatzes so gut wie keine Spalten und bei der Verarbeitung nur wenige auffällige Klebenähte. Der Bausatz ermöglich die Präsentation der voll ausgeklappten Rotoren, entweder in Segelstellung (wie hier dargestellt), oder durch Verwendung alternativer Rotorblätter in Flugstellung mit "neutralem" Pitch. Ich habe mich für erstere Darstellung entschieden (fixierte Motorgondel mit 45-Grad-Neigung, drehbarer Spinner, Rotorblätter in Segelstellung), damit ich die Rotorblätter, von denen jeweils zwei pro Gondel knickbar sind, auch in "Parkstellung" zeigen kann. Leider sind die Höhen- und Seitenruder angegossen und lassen keine "dynamische" Darstellung zu. Gerade im geparkten Zustand sind die Ruder oftmals angestellt. Da hilft nur: Säge auspacken. Etwas aufwändiger ist das Modellieren der Drehkante des nach unten abgeklappten Höhenruders. Hier mussten einige Schichten Spachtelmasse aufgetragen und verschliffen werden. Außerdem befestigte ich links am jeweiligen Seitenleitwerk jeweils vier Statikentlader (Nylon-Zahnbürstenborsten) samt Halterung aus einem Klecks Weißleim.
Übrigens sind die Landeklappen, die sich durchgehend an der Tragflächenrückseite dieses kuriosen Flugobjekts befinden, nur im eingefahrenen Zustand darstellbar, was ich auch so beließ, damit ich den Tragflügel über dem Rumpf drehen kann. Die Flaps würden ansonsten gegen den Rumpf stoßen. Die markanten FOD-Covers, beim Original gummierte, kissenähnliche Abdeckungen, wurden scratch mit eingefärbter Spachtelmasse gefertigt und mit RBF-Wimpeln von Eduard und aus dem Kopierer ergänzt.
Lackierung, Decals und MarkierungenNach dem Sichtschutz-Auftrag aus grauen Revell-Emaillefarben erfolgten Mottlings mit hellgrauer Farbe und einer Lackierschablone, damit das recht eintönige Oberflächen-Grau aufgebrochen wird. Der Osprey hat auf den Flügel- und Rumpfoberseiten großflächige, ewig lange Walkway-Bereiche. Auf Nahaufnahmen des Originals kann man sogar die sandähnliche, aufgeraute Oberfläche dieses Antirutschbelages erkennen. Es handelt sich dabei wohl um eine pastenähnliche Mischung, die ich mit aufgehelltem RLM 76 Grau von Gunze darstellte. Zur Lackierung der Walkways wurden die Modelloberflächen in mehrstündiger Arbeit mit KIP-Maskierband versehen. Das KIP-Tape wurde auf einem Schneidebrett mit dem Stahllineal auf etwa 1,5 mm Breite getrimmt und dann auf´s Modell gepappt. Etwas dickschichtiger aufgetragen ergibt sich durch die Gunzefarbe jeweils eine leichte Lackierkante im Vergleich zum grauen Sichtschutzauftrag drumherum. Die Walkways befinden sich auch auf den Hauptfahrwerkschächten. Also gilt auch hier: abkleben und die Streifen lackieren.
Die Decals stammen von Flyingleathernecksdecals/Orionscalemodels, No. FL48012, "Flying Leathernecks/Tiltrotor Teufelshunde". Dargestellt ist die Maschine mit der taktischen Nummer 6732 der Marine Medium Tiltrotor Squadron (VMM) 261 Raging Bulls. Dieses Decalset kommt übrigens mit zehn darstellbaren Maschinen mit vollen Stencillings für zwei(!) Flieger und einer tollen CD daher, auf der massig brauchbare Original- und Detailfotos zu sehen sind. Leider ist das Set fast gänzlich vom Markt verschwunden und nur noch schwer zu bekommen. Im Cockpit liefert Hobby Boss ganz brauchbare Decals für die dortigen Hauptinstrumente. Die Bildschirme bleiben glänzend, der Rest wurde mattiert. Mehr braucht es nicht zu einer gelungenen Display-Darstellung, finde ich. Die restlichen Schalter und erhabenen Strukturen der Cockpitoberflächen habe ich durch Drybrushing mit eisenfarbigen und hellgrauen Revell Aquacolors hervorgehoben.
Fazit
Es hat wirklich Spaß gemacht, diesen Tiltrotor-Flieger auf die Beine zu stellen. Getrübt wird der Bastelspaß lediglich durch den unverhältnismäßigen Verkaufspreis. Quellenverzeichnis
Näheres zum Bausatz auf der Website des Herstellers Hobby Boss (hobbyboss.com) Ein gelungenes Ergebnis eines frisch gebauten Modells bei TAKEOFF Models via Youtube August 2021 Alexander Jost Publiziert am 11. September 2021 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |