Fiat G.50 Frecciavon Roland Sachsenhofer (1:32 Special Hobby)Die Fiat G.50 Freccia gehört jener Jagdflugzeuggeneration an, die als erste die Mitte der Dreißigerjahre anstehenden Innovationen der damaligen Flugzeugentwicklung umsetzen sollte: die Konzeption als Eindecker in Ganzmetall-Schalenbauweise, ein einziehbares Fahrwerk sowie eine aerodynamisch günstige geschlossene Pilotenkanzel. Dass dieser Generationensprung gelingen konnte, zeigt das Beispiel zweier aufeinanderfolgender Erfolgsmuster, die Hawker für die Royal Air Force bereitstellte: der legendäre Doppeldecker Hawker Fury I stand erkennbar Pate für die nicht minder legendäre Hawker Hurricane. Fiats Versuch, aus einem überaus erfolgreichen Doppeldecker-Jäger mit starren Fahrwerk und offener Kabine, der CR.42 Falco, eine Eindecker-Jagdmaschine der neuen Generation abzuleiten, sollte dagegen zu einem etwas durchwachseneren Ergebnis führen. Wie kam es dazu? Zur Fiat G.50 Freccia1935 hatte die Regia Aeronautica eine Ausschreibung für ein neues Standard-Jagdflugzeug ausgegeben, der damit versprochene Großauftrag setzte Italiens Flugzeughersteller in Bewegung. Als im Frühjahr 1936 die konkurrierende Entwürfe von Reggiane, Macchi, Caproni, IMAM und Fiat gegeneinander antraten, konnte sich der Konzern aus Turin als etablierter und gut vernetzter Platzhirsch durchsetzen. Das kam wenig überraschend, hatte doch Fiats Chefentwickler Celetino Rosatelli Italiens Luftwaffe seit Jahren mit erfolgreichen Entwürfen wie der CR.30, CR.32 und CR.42 versorgt; insbesondere die beiden Letzten waren zum Inbegriff der italienischen Jagdwaffe geworden. Allerdings: für die Durchführung des Projekts setzte man bei Fiat diesmal nicht auf den bewährten Konstrukteur Rosatelli, der, ausgelastet mit der Entwicklung des BR.20 Cicogna Bombers, ohnehin abgewunken hatte, sondern glaubte mit dem jungen Guiseppe Gabrilli den richtigen Mann für die neuen Herausforderungen gefunden zu haben. Dieser hatte anhand der in der Ausschreibung geforderten Leistungen tatsächlich Neues und Innovatives geschaffen: die Fiat G.50 besaß als Ganzmetallflugzeug mit Einziehfahrwerk und einer geschlossenen Kanzel tatsächlich alle Merkmale eines modernen Jagdflugzeugs, das sich mit der internationalen Konkurrenz messen können sollte. Noch vor der zweitplatzierten und ebenfalls in Kleinserie befohlenen Macchi MC.200 wurde Rosatellis Entwurf zum Sieger erklärt und nach dem Bau zweier Prototypen eine erste Serie von 45 Maschinen beordert. Erstflug und nachfolgende Erprobung des neuen „Freccia“, also „Pfeil“ genannten Musters fanden ab Februar 1937 statt. Wenig Zeit ließ man sich auch bei der Einsatzerprobung: umgehend nach Auslieferung des ersten Bauloses machte man sich daran, diese einer sehr realen Erprobung zu unterziehen: im Rahmen der dafür ins Leben gerufenen „Gruppo Sperimentale da Caccia“ beförderte man die ersten Fiat G.50 nach Spanien, wo sie ihr Potential als Jagdmaschinen auf Seiten Francos gegen den republikanischen Flugzeugpark zeigen sollten . Die Freccia erwies sich dabei Mustern wie der I-152 und selbst der I-16 Rata als überlegen beziehungsweise als ebenbürtig, eine negative Erfahrung sollte allerdings zu einer charakteristischen Modifikation führen: bei Geschwindigkeiten über 350 km/h verkeilte sich die Schiebehaube der neuen Fiat derart, dass der Pilot unter der Verglasung gefangen war. Schnell baute man die Kanzeln so um, dass man den Schiebeteil der Kanzel kurzerhand wegließ und anstelle dessen lediglich zwei seitliche Verglasungen von den Bordwänden hochzog. Trotz der Pläne, die Regia Aeronautica rasch und in großem Maßstab mit fortschrittlichen Eindeckern auszurüsten, befanden sich bei Italiens Kriegseintritt im Juni 1940 gerade einmal magere 89 Fiat G.50 und 77 Macchi MC.200 bei den Fronteinheiten im Einsatz. Ernüchternd waren aber nicht nur diese Produktionszahlen, sondern auch die ersten Erfahrungen, die man beim Einsatz gegen die neuen französischen und britischen Gegner machen musste. Traf man nun auf Morane Saulnier M.S. 406 oder Bloch 151, zeigte sich, dass die G.50 vor allem in ihrer unglaublichen Wendigkeit bestand, bei anderen Parametern wie Geschwindigkeit, Feuerkraft oder Panzerschutz hatte der Gegner die Nase vorn. Die Macchi MC.200, obwohl ursprünglich auf den zweiten Platz gereiht, erwies sich dagegen als ein Jagdflugzeug mit großem Potential. Eine nachfolgende Ausrüstung mit Lizenzversionen deutscher DB 601 und 605er Reihenmotoren sollten aus Macchis Grundentwurf in Form der MC.202 Folgore und MC.205 Veltro eines der besten Jagdflugzeuge des Krieges entstehen lassen. Zur Vorbildmaschine: Fiat G.50 II Freccia MM5372, 20°Gruppo, 56° Stormo C.T. /Corpo Aereo ItalianoSo war es schon verwegen, als die italienische Führung aus Prestigegründen den Deutschen den Einsatz eines rund 170 Flugzeuge umfassenden Detachements der Regia Aeronautica an der Kanalküste abrang - mitten im harten Ringen während der „Luftschlacht um England“. Den Jagdschutz dieser Corpo Aero Italiano (C.A.I.) genannten Einheit, die eine gemischte Gruppe von Bombern, Transport- und Jagdflugzeugen umfasste, sollten neben den zwar bewährten, auf diesem Schauplatz aber völlig ins Hintertreffen geratenen CR.42 Doppeldeckern die 32 Fiat G.50 der 20° Gruppo/ 56° Stormo CT übernehmen. Die deutsche Luftwaffe hatte die ungebetenen Gäste auf Flugfelder im Hinterland Belgiens unter der Kontrolle ihrer Luftflotte 2 abgeschoben. Die Lage etwas abseits der heißesten Zonen des Kampfgeschehens half vielleicht mit, dass die 20° Gruppo Verluste nur durch Unfälle während der Verlegungsflüge zu beklagen hatte und sich die Fiat G.50, glaubt man den Quellen, keinem einzigen Luftkampf mit Hurricanes oder Spitfires der RAF stellen mussten. Es wären wohl bei allem Mut und Können der italienischen Flugzeugführer ungleiche Treffen gewesen: die G.50 verfügte zum einen weder über selbstdichtende Tanks noch über irgendeine Form des Panzerschutzes, zum anderen waren sie mit zwei 12,7 mm Breda SAFAT-Maschinengewehren vollkommen unzureichend bewaffnet. Die magere Reichweite von 445 Kilometer hätte überdies auch keine weiter reichenden Kampfeinsätze über den britischen Inseln zugelassen. Das hier vorgestellte Modell zeigt die persönliche Maschine von Majore Mario Bonzano, Kommandeur der 20° Gruppo, die als Teil der CAI zwischen August 1940 und Frühling 1941 im belgischem Maldegem stationiert war. Die Erfahrungen der ersten Kriegsmonate flossen in die verbesserte Version G.50bis ein. Diese hatte mit einer Panzerplatte hinter dem Pilotensitz nun zumindest rudimentären Panzerschutz und selbstdichtende Tanks, wobei ein verlängerter Heckkonus sowie eine überarbeitete Fahrwerksverkleidung mithalfen, die Auswirkungen der damit verbundenen Gewichtszunahme in Grenzen zu halten. Bis zum Ausscheiden Italiens wurden insgesamt rund 850 G.50 und G.50bis gefertigt. Dazu zählt auch eine in namhafter Zahl entstandene zweisitzige Trainervariante: von der G.50B, die unbewaffnet und durch ein nur um den vorderen Sitz verglastes Cockpit leicht zu erkennen war, wurden je nach Quelle immerhin entweder 109 oder gar 138 Exemplare gefertigt. Bis zum Ausscheiden Italiens stand die Freccia in Italien, in Nordafrika und über dem Balkan im Einsatz. Allerdings reduzierte sich speziell in Nordafrika die Zahl der zur Verfügung stehenden Maschinen rasch: der in allen Versionen verwendete Fiat A74RC38 Sternmotor erwies sich - wie übrigens alle Fiat Motoren - bei Betrieb in sandigem Umgebungen als extrem störanfällig. Versuche mit Sandfiltern und neuen Motorversionen verliefen - nun ja - im Sand. Eine vollständige Umrüstung auf einen neuen Reihenmotor wie bei der Macchi 200 tat man sich bei der G.50, deren Potential offensichtlich ausgereizt war, nicht mehr an. Zum Zeitpunkt des Waffenstillstandes im September 1943 konnten so nur mehr 47 einsatzbereite Maschinen gezählt werden. Ein eigenes Kapitel schrieb die G.50 im hohen Norden Europas: 1940 waren an Finnland 35 neue G.50 der ursprünglichen Version geliefert worden, die von den Finnen noch bis 1944 gegen die Rote Armee eingesetzt wurden. Allerdings bestätigte sich auch hier, dass sich die G.50 dank ihrer Wendigkeit bei Mustern wie der I-152, Gloster Gladiator oder Avia B-534 durchsetzen konnte, gegen die Eindecker-Jäger der neuen Generation aber einen mehr als schweren Stand hatte. Zu Bausatz und BauprozessNach einer Reihe von kleinmaßstäblichen und von der Bausatz-Qualität her eher fordernden Projekten war mir einmal wieder nach etwas „Größe“ und unkompliziertem zumute: da kam mir der schon länger auf Halde liegende Special Hobby-Bausatz des Fiat-Jägers gerade recht! Vielleicht hat es auch mit dieser Ausgangslage zu tun, dass ich den folgenden Bauprozess als besonders kurzweilig, unkompliziert und somit recht erfreulich in Erinnerung habe. Bei einzelnen Bauteilen muss man sich zwar mit der Notwendigkeit von ein wenig Versäubern und dem Entfernen von Fischhaut arrangieren, allerdings bleibt dieser Aufwand sehr überschaubar. Die Passgenauigkeit habe ich dafür als durchgehend sehr gut in Erinnerung. So überrascht es nicht, dass die Teile zügig zu den charakteristischen Formen einer Fiat G.50 zusammenfanden. Ein wenig Eigeninitiative ist allerdings beim Zusammenbau des wirklich schön und detailreich in Resin gegossenen 14-Zylinder-Sternmotors nötig: die Stößelstangen sowie die Zündkabel müssen in Eigenregie improvisiert werden: abgelängte Drahtstücke sowie Kupferdraht passender Stärke führen hier aber rasch und unkompliziert zu einem Ergebnis. Der Bausatz liefert ansonsten alles mit, was für ein ansprechendes Ergebnis nötig ist. In diesem Sinne habe ich auch das mitgelieferte Gurtzeug für die Darstellung des Pilotensitzes sowie das mit dem Pinsel etwas nachgearbeitete Schiebebild für das Instrumentenbrett verwendet. Gefallen hat mir auch die Darstellung der beiden MG-Läufe mit Resin; die feine Detailierung der beiden gut sichtbaren Teile hebt den Gesamteindruck doch gewaltig an. Special Hobby-typisch überzeugen auch die beigelegten Decals durch die Präzision des Drucks, der Feinheit des Trägerfilms und eine daraus resultierende unkomplizierte und komfortable Verarbeitbarkeit! Um die „belgische“ Szenerie, die mir als Hintergrund für die Aufnahmen des fertig gestellten Modells vorgeschwebt ist, etwas zu beleben, habe ich die drei Herren des ICM-Figurensets „Italian Pilots in tropical uniforms“ ins Bild gebeten. Mit den kurzen Hosen sind sie vielleicht etwas frisch für das herbstliche Maldegem angezogen, dafür scheint ihre offensichtlich gute Laune aber etwas Wärme ins Bild zu bringen. FazitAuch wenn das reale Vorbild nicht der große Wurf geworden ist, den man sich bei Fiat erhofft haben wird, stellt für mich Special Hobbys Modell der G.50 Freccia genau das dar: ein sehr gut ausgestatteter, passgenauer und von der Teilezahl und deren Qualität her unkomplizierter Bausatz, der das Versprechen eines erfreulichen und überschaubar-kurzen Bauvergnügens auch wirklich einlösen kann! Ich empfehle ihn wärmstens allen Interessierten mit etwas Erfahrung in der Verwendung von Resin- und Ätzteilen. Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates". Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Weitere Bilder
Roland Sachsenhofer Publiziert am 08. März 2025 © 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |