Fiat G.56Schnittige Italienerin in deutscher Uniformvon Jörg Teller (1:50 Smer)Das Original
Guidonia, Februar 1943: auf dem Flugplatz der italienischen Erprobungsstelle nahe Rom kommt es zu einem interessanten deutsch-italienischen Duell. In einem Vergleichsfliegen treten drei deutsche Jagdflugzeuge gegen vier italienische Jäger der sog. „Serie 5“ an. Mit von der Partie:
Bei den deutschen Mustern handelt es sich um neueste Versionen aus der laufenden Serienproduktion. Dagegen handelt es sich bei den italienischen Mustern größtenteils noch um Prototypen.
Bezüglich Motorleistung sind die italienischen Muster den deutschen Mustern eindeutig unterlegen. Die italienischen Jäger sind allesamt mit einem Lizenzbau des deutschen DB 605 motorisiert, welcher aus Sicherheitsgründen auf 1350 PS gedrosselt ist. Doch trotz dieser Leistungsbeschränkung erzielen die italienischen Jäger beachtliche Flugleistungen, was v.a. auf deren hervorragende aerodynamische Eigenschaften zurückzuführen ist. Im Vergleichsfliegen hinterlässt die deutsche Fw 190 A-5 den insgesamt besten Eindruck. Sowohl bei Start, Steigflug, horizontalem Geschwindigkeitsflug und Kurvenkampf ist sie den meisten anderen Mustern überlegen bzw. ebenbürtig.
Von den italienischen Jägern hinterlässt die Fiat G.55 den besten Eindruck. Von Vorteil sind ihre großen Tragflächen, wodurch sie die anderen Muster in Gipfelhöhe, Kurvenwendigkeit und Steigleistung in großen Höhen aussticht. Zweiter großer Vorteil ist ihre schwere Standardbewaffnung, bestehend aus einer 20mm-Motorkanone und vier 13mm-MGs – die deutschen Jäger können eine solche Bewaffnung nur durch Rüstsätze erreichen, welche jedoch deren Flugleistungen beeinträchtigen. Auch in ihrer Reichweite ist die Fiat G.55 den deutschen Jägern überlegen. Weitere Vorteile sehen die deutschen Testpiloten in den gutmütigen Start- und Landeeigenschaften durch das breite Fahrwerk, sowie im möglichen Tropeneinsatz durch den großen Bauchkühler. Als Nachteil der Fiat G.55 werden ihre vergleichsweise schlechten fliegerischen Eigenschaften im Luftkampf empfunden. Auch die Untauglichkeit als Jagdbomber wird als nachteilig angesehen. Einige Tage nach dem Vergleichsfliegen kamen ranghohe Vertreter der Luftwaffe im Reichsluftfahrtministerium zusammen, um über einen Lizenzbau der Fiat G.55 zu beraten. Die Vorteile lagen auf der Hand: ähnliche Flugleistungen wie die der Bf 109 und der Fw 190 bei besserer Bewaffnung und größerer Reichweite. Durch den problemlosen Einbau des wesentlich leistungsstärkeren DB 603-Motors (z.B. He 219, Do 217, Do 335, Me 410) hätte die G.55 die Flugleistungen der beiden deutschen Standardjäger übertroffen. Außerdem konnte die Fiat G.55 mit einer 30mm-Motorkanone aufgerüstet werden, die eine hohe Wirksamkeit gegen die immer häufiger einfliegenden amerikanischen Bomber versprach. Zudem sah man einen einjährigen Entwicklungsvorsprung gegenüber der deutschen Konkurrenzlösung, der Me 209.
Die modifizierte Version der Fiat G.55, mit dem leistungsstärkeren DB 603 und einer verbesserten Bewaffnung, erhielt offiziell die Bezeichnung Fiat G.56. Angeblich sollten zwei Produktionslinien in Norditalien und Deutschland geschaffen werden, um 5000 dieser Jäger für die deutsche und italienische Luftwaffe zu bauen. Die Firma Messerschmitt sollte die Lizenzfertigung übernehmen. Letztendlich kam es jedoch nicht zu einer Serienfertigung der Fiat G.56. Die Gründe dafür sind nicht genau bekannt. Vermutlich hatten die Verantwortlichen bei Messerschmitt kein großes Interesse an einer Lizenzfertigung des italienischen Konkurrenzprodukts. Außerdem war die anfängliche Produktionszeit für eine Fiat G.56 mit 15000 Stunden etwa doppelt so lang wie die bereits hoch optimierte Produktionszeit einer Bf 109. Auch die Untauglichkeit als Jagdbomber widersprach der offensiven deutschen Militärdoktrin. Letzten Endes waren es aber wohl die militärischen und politischen Entwicklungen in Italien, die ab Ende 1943 deutlich gegen eine Serienproduktion der Fiat G.56 sprachen. Von der Fiat G.56 wurden nur zwei Prototypen gebaut. Ihren Jungfernflug absolvierte sie am 28. März 1944. Die Flugerprobung dauerte bis September 1944, u.a. bei der Erprobungsstelle der Luftwaffe in Rechlin. Nach Einschätzung der Ingenieure und Testpiloten hätte aus der Fiat G.56 ein den alliierten Jägern ebenbürtiger und den alliierten Bombern gefährlicher Gegner werden können. Es bleibt zu diskutieren, ob die G.56 die leistungsmäßig ausgereizte bzw. überreizte Bf 109 G im Jahre 1944 als Standardjäger der Luftwaffe hätte ablösen können oder sogar müssen. Das Modell
Die Idee Das grün-gelbe Farbschema des originalen Prototyps war mir zu langweilig. Deswegen entschied ich mich für eine „Was-wäre-wenn-Version“ dieses deutsch-italienischen Jagdflugzeugs. Stellen wir uns vor, das Reichsluftfahrtministerium hätte sich bereits im Frühjahr 1943 zu einer sofortigen Lizenzproduktion der Fiat G.56 entschlossen. Die Flugzeuge hätten sicherlich den Standardanstrich der Jäger in RLM 74/75/76 erhalten. Als vorrangiges Jagdgeschwader wäre wahrscheinlich das JG 77 beliefert worden, da es zu dieser Zeit als einziges deutsches Jagdgeschwader in Oberitalien stationiert war. Speziell die II. Gruppe des JG 77 wäre dafür prädestiniert gewesen, da sie bereits Ende 1943 kurzzeitig 25 italienische Macchi C.205 im Kampfeinsatz flog. Meine hypothetische Fiat G.56 trägt also den Standardanstrich in RLM 74/75/76 mit Rumpfband und Markierungen der II./JG 77. Ihre Bewaffnung besteht aus einer 30mm-Kanone MK 108 im Motor und zwei 20mm-Kanonen MG 151/20 in den Flügeln. So oder so ähnlich wäre sie wohl Anfang 1944 Jagdeinsätze über Italien geflogen – zumindest hypothetisch. Die Umsetzung
Beim Bausatz handelt es sich um die Fiat G.55 des tschechischen Herstellers SMER aus den 70er Jahren. Er ist – positiv ausgedrückt – eine echte Herausforderung. Die Teile sind sehr detailarm und teilweise erschreckend unsauber gespritzt; die Passgenauigkeit ist mangelhaft. Dementsprechend musste sehr viel gespachtelt, geschnitten, geschliffen und geflucht werden. Aufgewertet wurde das Modell durch einige selbst gefertigte Teile für Cockpit, Kühler und Fahrwerk. Außerdem erhielt das Modell einen Piloten und einen neuen Reifensatz aus der Restekiste. Die MG-Öffnungen über dem Motor wurden verspachtelt. Die Bemalung erfolgte ausschließlich mit dem Pinsel. Folgende Farben fanden Verwendung: Gelb RLM 04 (Model Master 2072), Dunkelgrau RLM 74 (Gunze H68), Grauviolett RLM 75 (Model Master 2085), Lichtblau RLM 76 (Model Master 2086). Die Decals entstammen der Restekiste. Als weiterführende Literatur kann ich den u.g. Artikel von Dietmar Hermann empfehlen. Quellen
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Jörg Teller Publiziert am 28. Juni 2011 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |