Fairey Gannet T Mk.5Der Tölpel von der Inselvon Bernd Korte (1:72 Trumpeter)Zur U-Boot-Jagd beschaffte die Bundesmarine 1957 als Übergangslösung bis zum Eintreffen der Breguet Atlantic insgesamt 15 Fairey Gannet AS.Mk.4. Etwa ein Jahr später gesellte sich ein Exemplar der Trainerversion T.Mk.5 hinzu, so dass die angehenden Gannet-Piloten nun nicht mehr nur auf englischen Trainern ihre ersten Flugstunden auf diesem Muster ableisten konnten. Äußerlich wies die T.Mk.5 zur normalen Einsatzversion fünf Hauptunterscheidungsmerkmale auf. Am hinteren Unterrumpf fehlte das ausfahrbare Radom, für den Fluglehrer gab es über dem zweiten Cockpit ein Periskop, auf die HF-Antenne mit ihrem charakteristischen Antennendraht der Einsatzvariante wurde im Gegenzug verzichtet, beim dritten Cockpit wurden je Seite zwei kleine runde Fenster hinzugefügt und der Wulst beidseitig des vorderen Cockpits wurde zur Aufnahme des zweiten Steuergestänges vergrößert. Der Waffenschacht hingegen wurde beibehalten. Ob es am neutral ausgedrückt „gewöhnungsbedürftigen" Aussehen der Gannet lag sei dahin gestellt, Tatsache ist, dass die meisten Modellhersteller bis dato einen großen Bogen um dieses Flugzeug mit seinen unverkennbar britischen Wurzeln machten. Außer dem berüchtigten Frog-Kit gab es keinen Großserienbausatz, egal in welchem Maßstab. Doch in jüngster Zeit wendete sich das Blatt zugunsten des „stoßtauchenden Ruderfüßers", wie Biologen den Basstölpel (engl. Gannet) auch gerne beschreiben, und neben bereits erschienenen Kleinserienbausätzen in 1:72 und 1:48 kündigten auch zwei der Großen, Revell und Trumpeter, zeitgerechte Spritzguss-Kits zu diesem ungewöhnlichen Vogel in 1:72 an. Auf der zeitlichen Schiene entschied Trumpeter diesmal das Rennen für sich und platzierte seine beiden Bausätze, Einsatzversion sowie Trainer, zuerst bei den Händlern. Beim Öffnen der Schachtel machen die gut hundert Teile erst einmal einen guten Eindruck, nicht zuletzt dank der schönen Oberflächengravuren und dem sauberen Guss. Bei näherem Hinsehen zeigen sich jedoch ein paar Sinkstellen und ungünstig gelegene Auswerfermarken sowie eine hässliche Formtrennnaht auf den Klarteilen. Allerdings ist das alles nichts, was vom Bau des Modells abhalten könnte. Die trainerspezifischen Unterschiede finden sich an einem kleinen Extra-Spritzling. Der BauDie Montage des Cockpits gibt keine Rätsel auf, eher schon Trumpeters Farbangaben für diesen Bereich. Graublau soll laut Plan als Basisfarbe dienen, mit schwarzen Konsolen und Sitzen. Ich folgte jedoch meiner eigenen Nase, die mich daran erinnerte, dass britische Flugzeuge dieser Epoche in der Regel komplett schwarze Cockpits hatten. Und da mir die paar wenigen zur Verfügung stehenden Cockpitaufnahmen dies zu bestätigen schienen, blieb es bei dieser Entscheidung. Weiterhin hatte ich in einem Baubericht im Internet gelesen, dass die Sitze der Gannet aus rot-braunem Bakelit gefertigt waren, also wurde auch hier Trumpeters Farbvorschlag ignoriert. Außer dem Gurtzeug aus Malerkrepp kommt alles aus der Schachtel. Das Detaillierungsniveau ist für einen modernen Bausatz zwar nicht gerade hoch, aber die schwarze Innenlackierung bei später geschlossenen Kanzeln hielt mich von weiteren Arbeiten geschweige denn Ausgaben ab (zur Zeit des Baus gab es bereits ein Cockpit-Set von Pavla, allerdings für die normale Gannet). Sind die beiden Cockpitsektionen fertig, können sie zusammen mit dem Bugfahrwerkschacht, den Flügelholmen zur späteren Erleichterung der Flügelmontage und dem Fanghaken in eine der Rumpfhälften geklebt werden. Zuvor müssen jedoch noch die beiden kreisrunden Fenster auf jeder Rumpfseite vor dem hinteren Cockpit geöffnet werden. Sie sind von Hause aus nur als Gravur dargestellt. Dass der lange Fanghaken bereits jetzt beim Zusammenfügen der beiden Rumpfhälften montiert werden muss, erweist sich für das spätere Handling des Rohbaus als echtes Handikap. Meist löst sich dieses Problem aber von alleine, wenn der Fanghaken nach kurzer Zeit erst einmal abgebrochen ist, und so wieder angenehmer ohne übertriebene Vorsicht gearbeitet werden kann. Die vordere Motorverkleidung inklusive Lufteinläufe ist als ein separates Teil ausgeführt, das an den Rumpf geklebt werden muss. Damit das relativ nahtlos gelingt, sollte man ein paar Probepassungen durchführen. Dieses Teil ist so ziemlich das einzige, das vom sonst guten Passungsverhalten des Bausatzes abweicht. Hier hat man nun auch die letzte Chance, bitter nötiges Zusatzgewicht unterzubringen, auch wenn Trumpeter nicht darauf hinweist. Ich war leider etwas zu sparsam, und so würde meine Gannet nun ohne fremde Hilfe in Form von doppelseitigem Klebeband auf ihrem Hintern sitzen. Die Montage der Tragflächen gestaltet sich recht ereignislos. Highlight sind hier die ausgefahren darstellbaren Landeklappen sowie die separaten Querruder. Obwohl die meisten meiner Referenzbilder von abgestellten Gannets erstere eingefahren und letztere in Nullstellung zeigen, ließ ich mich zu einem Kompromiss hinreißen, indem ich die Landeklappen ausgefahren darstellte. Das mag für den Experten zwar Abzüge bei der Vorbildtreue bedeuten, aber es trägt ebenso zu einem lebendigeren Aussehen des statischen Modells bei. Bleibt zu erwähnen, dass beim Vorbild zum platzsparenden Abstellen jeder Flügel zweifach geklappt werden konnte. Trumpeter deutet bei seinen einteiligen Tragflächen den Mechanismus nur durch entsprechende Oberflächengravuren an. Glück für den, der diese Option vorzieht. Dreiteilige Flügel dürften nämlich ungleich schwerer zu einem ganzen zusammenzufügen sein. Die Flügel-Rumpf Passung macht nur einen minimalen Einsatz von Spachtelmasse nötig. Gleiches gilt für das Höhenleitwerk. Bevor die Cockpithauben maskiert und aufgeklebt werden können, muss zuerst die erwähnte Formtrennnaht entfernt werden. Dazu wird diese mit einem Skalpell abgeschabt und der dadurch blinde Bereich im Plastik wieder auf Hochglanz poliert. Eine Nagelfeile mit verschieden starken Körnungen, wie man sie in der Drogerie bekommt, leistet hier gute Dienste. Für den letzten Schliff sorgt dann die Behandlung mit Handydisplay-Politur.
Die LackierungDer erste Schritt der Außenbemalung besteht darin, den Kanzelbereich in der Cockpitfarbe zu lackieren. So erscheinen die Kanzelstreben später beim Blick ins Cockpit von innen in Schwarz und von außen in Aluminium. Gleichzeitig kann man überprüfen, ob alle Rumpfübergänge gut verschliffen sind, indem man diese probeweise mit überlackiert. Sind alle Nähte ausreichend kaschiert, kann mit der Hauptlackierung begonnen werden. Da die Trainer Gannets auch im Original nicht naturmetall waren, sondern mit Metallfarbe überlackiert wurden, dem sogenannten „High Speed Silver", muss man sich keine Gedanken machen, den schwierigen Effekt von nicht lackiertem Metall zu treffen. Ich benutzte Revell Aqua Color 99 Aluminium, das sehr schnell trocknet und ein zügiges Weiterarbeiten garantiert. Direkt nach der Lackierung wurde eine Schutzschicht aus Future aufgetragen und dann der schwarze Blendschutz um das Cockpit sowie die Walkways an den Flügelwurzeln abgeklebt und mit leicht abweichenden Schwarztönen auflackiert. Betrachtet man Referenzbilder, z.B. im F-40 Buch, so ist zu erkennen, dass der Blendschutz im Laufe der Zeit verschiedene Formen angenommen hat. Ich folgte einem Bild, auf dem er bis ganz nach vorne zum Spinner durchgezogen ist. Wer bisher enttäuscht war, dass Trumpeter keine allzu groben Fehler in diesen Bausatz hineinkonstruiert hat, kann jetzt aufatmen. Denn wer wie ich die deutsche Gannet bauen möchte, sollte keine Zeit mit Trumpeters Vorgaben für die farbigen Kontrastflächen verschwenden oder gar die dafür vorgesehenen Decals benutzen. Hier haben sich gleich zwei Patzer eingeschlichen. Der erste betrifft die Farbe der Kontrastflächen. Trumpeter hat auf Rot gesetzt, was zwar auch schick aussieht, beim Vergleich mit dem Original aber wenig wahrscheinlich ist. Betrachtet man das einzige Farbbild unserer Maschine im F-40 Buch, so würde man spontan Orange als die korrekte Farbe vermuten. Das wäre in der Tat auch wahrscheinlicher als Rot, war Orange doch schon immer die typische Farbgebung für Kontrastflächen an deutschen Trainingsflugzeugen. Die Bildunterschrift ließ mich jedoch mit dieser Interpretation alleine und gibt Gelb als die richtige Lösung an. Hierfür sprechen zwei weitere Indizien. Zum einen ist auf dem Farbbild das Gelb der Deutschlandflagge am Heck so orange wie die Kontrastflächen. Das spricht für eine altersbedingte Verfärbung des Bildes, die Deutschlandflagge war nämlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wirklich schwarz-rot-gelb. Damit wären auch die Kontrastflächen gelb gewesen. Zum anderen war Gelb, im Gegensatz zu Orange, eine Standardfarbe für britische Trainer-Gannets. Und da die 15 deutschen Einsatzmaschinen ja auch mit britischer Lackierung geliefert wurden, wird dies vermutlich ebenfalls auf den Trainer zutreffen. Vielen Dank auch an Jens Popp, der mich bei diesem Recherche-Punkt unterstützte. Die zweite Unstimmigkeit der Trumpeter-Bemalungsanleitung betrifft die Anzahl der Kontrastflächen. Sie sieht lediglich das Rumpfband sowie je ein Band unter den Flügeln vor. Referenzfotos zeigen jedoch, dass die Flügelbänder auch auf den Tragflächen fortgeführt wurden, eben genau so wie bei britischen Trainern. Sind die Rumpfbänder getrocknet, folgt eine weitere Schicht Future in Vorbereitung auf die Abziehbilder. Decals und FinishDie Decals lassen sich wunderbar verarbeiten, Weichmacher wurde nicht benötigt. Ein kleiner Fehler ist den Chinesen bei der Darstellung von einem der Marine-Embleme unterlaufen. Die Schlaufe um den Anker sollte immer nach links zeigen. Trumpeter hat das Steuerbord-Abziehbild mit der Schlaufe nach rechts gedruckt. Das fällt zwar nur dem Marine-Experten auf, aber wenn man die Möglichkeit hat, sollte man es doch korrigieren. An dieser Stelle mein Dank an Thorsten Wieking für das Überlassen seiner Abziehbilder. Ein letztes Fragezeichen betrifft den kleinen Marine-Schriftzug beidseitig unter dem Höhenleitwerk. Da ich ihn im Nachhinein auf keinem Bild entdecken konnte, würde ich ihn einfach weglassen. Die Decals wurden abermals mit Future versiegelt und ein Washing mit verdünnter grauer Ölfarbe aufgetragen. Hier und da kamen auch verschiedene Farbtöne aus den Tamiya Weathering Master Sets zum Einsatz. Ist man mit dem Gesamteindruck zufrieden, kann das Schlussfinish lackiert werden, für das ich matten Klarlack von Vallejo Model Air benutzte. EndspurtBei der Montage der verbliebenen Kleinteile wich ich in zwei Dingen von der Bauanleitung ab. Zum einen montierte ich die hinteren Klappen des Bugfahrwerkschachtes geschlossen, da dies so bei abgestellten Gannets mehrheitlich der Fall gewesen zu sein scheint. Einen etwas größeren Änderungsaufwand trieb ich beim Zusammenbau der Propeller. An den Enden der einzelnen Propellerblätter gibt es Montagehilfen für deren „richtige" Ausrichtung. Das Ergebnis ist, dass die Blätter aus der Schachtel heraus nur in Segelstellung eingeklebt werden können. Wahrscheinlich orientierten sich die Bausatzkonstrukteure an einer ausgestellten Museumsmaschine, bei denen dies zum Teil vorkommt. Ich wollte mein Modell jedoch „flugfähig" bauen und schnitt daher die Montagehilfen ab, um die Propellerblätter wie gewünscht nach eigenem Ermessen montieren zu können. Nun, ganz zum Schluss, wurden auch die zuvor aufgebohrten Fenster beim hinteren Cockpit mit Weißleim verglast.
FazitTrumpeters Gannet ist angenehm zu bauen und verlangt einem keine überdurchschnittlichen Anstrengungen ab. Allerdings ist dafür auch die Detaillierung nicht wirklich überdurchschnittlich - die Oberflächendetails sind zwar sehr schön, aber im Cockpit und bei den Fahrwerkschächten wäre mehr drin gewesen. Hinzu kommen die offensichtlichen Versäumnisse bei der Recherche zur deutschen Decalvariante. Trumpeter tituliert seinen Bausatz übrigens mit „British Gannet T.MK.2". Streng genommen ist die deutsche Version allerdings eine T.5 mit stärkeren Triebwerken gewesen. Bleibt also abzuwarten, wie Revell das Thema Gannet angeht. Referenzen:
Bernd Korte Publiziert am 10. Oktober 2009 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |