Burgbelagerungvon Wolfgang Hartung (1:72 verschiedene Hersteller)Die Motivation für dieses DioramaDie Idee zu diesem Diorama ergab sich in erster Linie durch einen Blick auf meine Restekiste, die einen großen Bestand von 1:72er Rittern aufweist, die ich vor Jahren gesammelt hatte, die aber nie zur Verwendung kamen, da ich eigentlich zivile Themen ohne Kampfszenen bevorzuge. Irgendwann hatte ich dann auch mal zwischendurch einen Belagerungsturm gebaut. Das war ebenfalls schon vor etlichen Jahren, als man von einer Produktion solcher Geräte in 1:72 nur träumen konnte. Das Vorbild dazu lieferte Elastolin mit seiner Prinz Eisenherz-Serie. Mittlerweile gibt es ja den Conny Schulte mit seiner Greenline, der dieses Gebiet in hervorragender Weise abdeckt. Seine aus Balsaholz gelaserten Mittelaltergebäude und Kampfmaschinen sind vom Feinsten. Für den Modellbauer einfach herzustellen und preislich moderat. Wenn es irgendwie geht, baue ich zwar so ein Zubehör gerne selber. Aber diese Perfektion ist, wenn überhaupt, nur mit einem erheblichen Zeitaufwand zu erreichen. So habe ich gern auf das schöne Trebuchet und zwei Katapulte von Greenline zurückgegriffen (siehe separate Berichte im Modellversium). Die Figuren zu dem Schlachtgetümmel im hundertjährigen Krieg lieferten Zvezda, Italeri, Germania und last but not least Valdemar, der neben Nikolai nach wie vor mein Lieblings-Figurenhersteller im Bereich Mittelalter ist. Gerade bei den Kampfszenen bestechen die Darsteller durch eine einzigartige Dynamik. Ansonsten ist alles Eigenbau mit den Materialien Pappe, Polystyrol, Molto-Holzreparatur-Spachtel und für das Gelände Modellbauzubehör von Heki. Leider sind mir diesmal infolge des Ablebens meiner Computer-Festplatte die Bilder der Baufortschritte abhanden gekommen. Die Erstellung der zwei kompatiblen Module unterscheidet sich aber nicht wesentlich von meinen bisherigen Arbeiten.
Handlung und ModellbauphilosophieDie Geschichte spielt zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert während des hundertjährigen Krieges in Frankreich. Englische Truppen belagern eine fiktive französische Festung. Um die schönen dynamischen Reiter von Valdemar unterzubringen, wagen die französischen Ritter einen Ausfall (was unter den gegebenen Umständen nicht gerade schlau ist, aber die Szenerie wird dadurch ungemein belebt). Ob dieser Ausfall erfolgreich war, bleibt dahingestellt und ist historisch nicht belegt. Am meisten hat mich dabei die Szene mit dem Sprung der Valdemar-Reiter über die Pfähle gereizt. Diese Handlung liefert einen Hinweis auf meine Modellbau-Philosophie. Ich neige beim Dioramenbau nicht zu hundertprozentiger historischer Korrektheit. Das bedeutet nicht, dass ich nicht recherchiere. Aber ich entnehme der Recherche nur das Notwendigste. Den Rest überlasse ich meinen Ideen und der Phantasie des Betrachters. Mein Diorama muss also keine 1:1 Nachbildung der Realität sein, was aufgrund meiner Themen, des dazugehörigen Figurenangebots und fehlender Nachweise aus der Vergangenheit sowieso nicht ganz einfach sein dürfte. Beim Thema WW II tut man sich schon wesentlich leichter. Wenn man da auch noch im Maßstab 1:35 unterwegs ist, hat man schier unendliche Möglichkeiten, sei es im Bereich der Modelle, der Figurenvielfalt oder beim Zubehör. (Einziges Handicap: Der Platz !) Es stellt sich die Frage: Ist dieser Trend aufgrund des Angebots oder der Nachfrage entstanden? Genauso könnte man wahrscheinlich fragen: Hat das Zebra weiße oder schwarze Streifen? Wie auch der Einzelne darüber denken mag: That's my way des Dioramenbaus und so macht es mir Spaß. Irgendwo hat wohl jeder seine Macken, sonst wäre es ja langweilig. Nichtsdestoweniger hege ich größten Respekt und Bewunderung für Modellbauer, die bis in's kleinste Detail die Geschichte in ihren Arbeiten wiedergeben, wie z.B. die Freunde des Museums "Geschichte in Miniaturen". (siehe Bericht im Modellversium). Gott sei Dank gibt es im Modellbau sehr viele Philosophien, Neigungen und Strategien. Ich bin da relativ vielseitig. Das hat den Vorteil, dass ich viel Freude an den unterschiedlichen Sparten habe. Es hat aber auch den Nachteil, dass ich hin und wieder gern bei meinen Basteleien aufgrund der Vielfalt zu Oberflächlichkeiten und Ungeduld neige. Sei's drum! Jeder muss nach seiner Fasson glücklich werden. Angriff und Ausfall
Gedanken zum hundertjährigen Krieg
Der hundertjährige Krieg war eine klassische mittelalterliche Fehde zwischen Herrscherhäusern um feudale Rechtsansprüche. Er wurde formal von Historikern in der Zeit von 1337 bis 1453 angesiedelt. Tatsächlich reichten die Streitigkeiten zwischen England und Frankreich bis in das 12.Jh. zurück. Dieser Krieg hat, wie viele andere auch, die Landkarte Westeuropas verändert. Die Engländer verloren nach vielen Erfolgen und verheerenden Rückschlägen ihre Neigung, sich dauerhaft auf dem Kontinent festzusetzen. Einen entscheidenden Beitrag zum Sieg der Franzosen lieferte die berühmte Johanna von Orleans, die in Frankreich bis heute als Befreierin und Nationalheilige verehrt wird. Die Engländer haben sich dafür mit Hilfe der damals noch mächtigen Inquisition mit einer Hexenverbrennung bedankt. Der Krieg wurde 1453 durch die Einnahme von Bordeaux von den Franzosen praktisch beendet. Die Engländer hatten ihre Besitztümer auf dem Festland verlassen, ihre Ambitionen auf ein englisch-französisches Doppelkönigtum waren gescheitert. Ein entsprechender Friedensvertrag wurde jedoch nicht unterzeichnet. Das ist jetzt eine sehr geraffte Darstellung der damaligen Ereignisse, im Detail in jedem Geschichtsbuch nachzulesen. Was man aber daraus nicht unbedingt entnehmen kann, ist der Umstand, dass sich London und Paris seit jenem Ereignis bis heute in wechselseitiger Faszination und Zwietracht befinden. 1904 wurde von Georges Clemenceau, Frankreichs „Tiger“ im Ersten Weltkrieg, England als eine französische Kolonie bezeichnet, die auf die falsche Bahn geraten ist. 1940 wurde ein Angebot Winston Churchills zur Bildung einer britisch-französischen Union abgelehnt. 1963 begründete Frankreichs Präsident Charles de Gaulle die Ablehnung eines britischen Beitrittsgesuches zur Europäischen Union mit den Worten: „England ist ein Inselstaat, ausgerichtet auf die See.“ Und heute? Heute haben wir den „Brexit“ der Engländer und ein nicht unerheblicher Teil der Franzosen wünscht sich eine „Befreierin“ in Form von Marine Le Penn mit ihrem „Front national“! Das zeigt irgendwie, dass der hundertjährige Krieg doch noch nicht ganz beendet ist und die Nationen seit damals um keine Spur intelligenter geworden sind. Und von dieser Entwicklung würde ich die Regierungen der restlichen Welt nicht ausnehmen. Bedauerlich! Das Lager
Die "Burgbelagerung" ist nun gerade noch rechtzeitig fertig geworden, um damit einen Beitrag zur anstehenden Dioramica im November zu leisten. Sie ist eines von vielen Dioramen, die bei dieser Ausstellung zu sehen sind. Meine Frau und ich freuen uns dort auf viele Modellbauer, die wir kennen und noch kennenlernen werden. Und natürlich auch auf die Modelle und das Fachsimpeln. Es gibt auch wieder einen umfangreichen Bericht mit Blick auf die "Macher" mit ihren Werken. Würde uns sehr freuen, wenn wir viele geneigte Leser und Mitglieder der großen Modellbau-Familie an unserem Stand begrüssen dürfen. Eine Übersicht der Aussteller findet ihr unter www.dioramica.de Herzliche Grüße Wolfgang Hartung Publiziert am 26. September 2016 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |